this post was submitted on 07 Mar 2024
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Deutschland
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Sammelbecken für deutsche Kartoffeln und ihre Geschichten über Deutschland.
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Informieren ist eine Sache, aber die Gefährlichkeit einer Sache massiv aufblasen, nur weil sonst irgendwer hinterher rumheulen könnte, nicht ausreichend gewarnt worden zu sein, ist kontraproduktiv.
Das Thema "Eigenverantwortung" ist mehr ein Propagandabegriff, um die Leute davon abzulenken, dass damit eigentlich der Abbau staatlicher Infrastruktur und damit verbundener Leistungen gemeint ist. Beim Thema Warnung der Bevölkerung wurde übrigens in den 1990er Jahren massiv Infrastruktur in Form des bundesweiten Sirenennetzes abgebaut. Bis jetzt gibt es keinen auch nur annähernd vergleichbar robusten Ersatz dafür.
Da passen deine Aussagen meines Erachtens nicht ganz und widersprechen sich teilweise. Ja man hat nach dem kalten Krieg auch bei der Warninfrastruktur abgerüstet. Viele Sirenen muss man also wieder herrichten und neu bauen. Aber genau da seh ich das Thema „Warnung“ auch mit modernen Mitteln anders: mit ner Sirene kann man nur begrenzt Informationen übermitteln, die wenigsten Bürger dürften die Bedeutung verschiedener Tonfolgen kennen. Genau hier sind die WarnApps und Cellbroadcast extrem nützlich - statt eine halbe Stadt mit Sirenen kirre zu machen kann man zielgerichtete Nachrichten veröffentlichen. Genau an die Empfänger die es betrifft, mit Kritikalität und Auswirkungen. Daher sehe ich diese Möglichkeiten als modernen Ersatz für Sirenen.
Die Sirenen standen nicht für sich alleine (Ausnahme: ABC- und Luftalarm im Verteidigungsfall), der Sinn war hauptsächlich, Aufmerksamkeit für die detailliertenen Informationen (damals bei größeren Lagen verbreitet über regionale Radio- und Fernsehsender, bei kleineren Lagen über Lautsprecherdurchsagen durch Polizei und Feuerwehr) zu schaffen. Das Sirenensignal hat aber praktisch Alle im Warnbereich, unabhängig von deren verfügbaren Endgeräte sofort erreicht. Außerdem waren die Sirenen mit USV gegen Stromausfall abgesichert und die Auslösung erfolgte über Telefon-Standleitung, daher weitgehend störungs- und ausfallsicher (abgesehen von dem Bagger, der vielleicht im ungünstigsten Fall das Kabel zu einer einzelnen Sirene kaputtmacht). Die Auslösung im Notfall war nicht nur zentral möglich, sondern auch lokal, über ein Steuergerät, das üblicherweise im örtlichen Feuerwehrhaus eingebaut war. Dadurch wäre es auch noch möglich gewesen, bei Ausfall sämtlicher Kommunikation nach Außen, trotzdem von dort aus lokal eine Warnung auszulösen. Diese Möglichkeit fehlt mit den aktuellen Systemen fast komplett. (Mit etwas Know-How und einem mit aufgesteckter Antenne zweckentfremdeten Prüfgerät lassen sich veraltete 4m-Funk-Sirenensteuerungen auch noch lokal auslösen, falls noch Strom für die Sirene da sein sollte, die USV sind allerding in der Regel dem Rückbau des bundesweiten Sirenennetzes 1993 zum Opfer gefallen und werden erst langsam wieder angeschafft) Auch ansonsten sind die aktuellen Warnsysteme auf das Funktionieren einer zentralisierten Infrastruktur angewiesen. Und solche Infrastruktur, oder die Verbindung zu ihr, kann, wie das Hochwasser im Ahrtal gezeigt hat, durchaus im Katastrophenfall mal vollständig wegbrechen. Der digitale TETRA-BOS-Funk hat dort an einzelnen Orten wochenlang nicht wirklich funktioniert, weil die Infrastruktur zerstört war.
Dass Leute nicht wissen, was im Warnfall zu tun ist, ist eine Sache der Aufklärung. So viele verschiedene Sirenensignale gibt es nicht, hängt aber leider inzwischen vom Bundesland ab, ob das 2, 3 oder 4 sind.
Leider hat sich mit der durch die Katastrophe im Ahrtal ausgelösten Warnpanik auch die Praxis breit gemacht, pauschal sehr große Gebeite für sehr kleinräumige Gefahren zu warnen. Das mag teilweise an den Einschränkungen der Systeme liegen, aber nachts um 3, weil in irgendeinem Kaff eine Lagerhalle brennt, was dort und im Nachbarort eine gewisse Gefährdung durch Rauchgase hervorruft, gleich den ganzen Landkreis mit CellBroadcast aufwecken, ist halt nicht wirklich zielführend (das habe ich mir nicht ausgedacht, ist in meinem Landkreis vor einiger Zeit tatsächlich passiert). Im Zweifel werden als Reaktion darauf, die unnötig Geweckten den Kram ausschalten, um in Zukunft ihre Ruhe zu haben. Wenn man es nicht mehr hinbekommt, solche Warnungen auf die tatsächlich betroffenen Gebiete zu beschränken, kann man sich das also auch gleich ganz sparen.
Dass das Ahrtal absolut schlecht gelaufen ist was das Thema Kommunikation angeht, da stimme ich zu. Ebenfalls unglücklich dass technische Schwächen aufgezeigt wurden - aber daraus muss man lernen und halt besser werden. Letztes Jahr im August ist hier die halbe Stadt während eines Extrem-Gewitters innerhalb einer Stunde halb abgesoffen (immerhin zweitgrößte Stadt Bayerns - Keller, Tiefgaragen liefen innerhalb kürzester Zeit voll, der Hauptbahnhof war von Wassereinbruch betroffen und ein Teil der Stadtautobahn stand einen Tag lang einen Meter hoch unter Wasser), die Warnapps hatten ausgelöst und haben die Gefahren korrekt aufgelistet. Cellbroadcast hat man bewusst nicht ausgelöst - man wollte die Leute nicht verschrecken - da frag ich mich dann schon wer an den „Hebeln“ sitzt wenn man Medium A nimmt aber nicht auch Medium B. Es war das größte Wetterereignis dieser Art überhaupt und anscheinend waren die Koordinatoren nicht in der Lage korrekte Entscheidungen zu treffen. Auch so kann man Vertrauen verspielen.
Viele der technischen Schwächen waren im Vorfeld schon lange bekannt und waren in der Vergangenheit schon einmal behoben. Die Lösungen der Probleme hat man halt irgendwann eingespart und abgeschafft.
Die Unmöglichkeit, die Bevölkerung flächendeckend rechtzeitig vorher zu warnen? Bekannt seit 1993, denn da wurde das Sirenenetz abgebaut. Die Unzulänglichkeiten des TETRA-Funks? Bekannt seit dessen Einführung. (die ja selbst eine never ending story war und drölf mal verschoben werden musste, weil nichts ging) Vorher gab es einen analogen Funk, der gut funktioniert hat. Die TETRA-Technik ist system- und prinzipbedingt auf eine intakte Netzinfrastruktur angewiesen, weil die verwendeten Leistungen und Frequenzen ohne Netzinfrastruktur keine brauchbare Reichweite haben (insbesondere wenn noch so nervige kleine Details wie Bebauung, Geländeunebenheiten, Vegetation und Niederschlag dazukommen). Fällt die Netzinfrastruktur aus, kann man mit den Geräten dann im Direktmodus noch ungefähr so weit funken, wie man sie schmeißen kann. Mit dem alten analogen 4m-Funk kommt man problemlos auch ohne Relaisstation, je nach Gelände, auf Reichweiten von 10-50km, deshalb war da auch eine wesentlich geringere Netzdichte nötig und ausgefallene Netzkomponenten ließen sich recht einfach wenigstens provisorisch ersetzen.
Natürlich. Bei der Art, wie Katastrophen- und Bevölkerungsschutz hier (kaputt)verwaltet werden, kann man nur sagen "hoffentlich passiert nix".